Ist TwixTel ’sowas von gestern‘?

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Das digitale Telefonbuch für die Schweiz und für Liechtenstein, das zweimal pro Jahr auf DVD erscheint und zu den 3,5 Millionen Adressen nicht nur die Rufnummern, sondern derzeit auch rund 522.000 eMail-Adressen und 371.000 Websites liefert, wirbt auch in seiner neuen Ausgabe wieder mit dem Slogan 'Die Schweiz ist eine Scheibe'… In einer Zeit, in der eben diese Adressdaten auch im Internet zu finden sind und Software zunehmend nicht mehr gekauft, sondern nur noch über das Internet gemietet wird, kann natürlich die Frage aufkommen, ob TwixTel nur noch von Menschen erworben wird, für die auch die Erde eine Scheibe ist…

Bestärkt wird dieser Verdacht durch die Tatsache, dass TwixTel alle sechs Monate Geld kostet, während die Telefonbücher im Internet offenbar gratis benutzt werden können. Dann wäre der Slogan allerdings überhaupt nicht mehr witzig, sondern gerade in seiner doppelten Bedeutung emblematisch für die Rückständigkeit seines Produkts und dessen Anwender. Dann wäre TwixTel – im 'Sprech' der 'Early Adopters', also im Jargon derjenigen, die das Neueste fraglos immer für das Beste halten und sofort kaufen müssen – 'sowas von gestern'… und damit allenfalls noch für Historiker ein Thema. Aber wie sieht die Realität denn tatsächlich aus?

Mit unvorstellbarer Finanzmacht puschen die weltgrössten Konzerne und ihre Investoren seit einiger Zeit eine Vorstellungswelt, in der 'Mobilität' die meisten anderen Beurteilungs- und Entscheidungskriterien in den Schatten stellt und zum wichtigsten Gut des 'Menschen 4.0' aufsteigt. 'Digitale Nomaden' sind der Prototyp des mobilen Menschen… und halten sich auch ganz selbstbewusst, wenngleich oft nicht besonders reflektiert, für das Mass aller künftigen Dinge.

Das hat natürlich Auswirkungen auf die reale Welt, denn nach dem Willen der mächtigsten Konzerne sollen schon bald der Hauptzugang zur realen Welt und deren totale Steuerung über das Internet laufen… und jedes Mal wird dabei mitverdient. Dass in dieser Entwicklung ziemlich sicher in sehr absehbarer Zeit zwei Drittel aller Arbeitsplätze auf allen Niveaus verlorengehen, ist derzeit 'nur' für die Betroffenen und ein paar Ethik-Wissenschaftler und Journalisten von Belang. Die meisten Politiker haben noch nicht einmal damit begonnen, diese Entwicklung und ihre drastischen Auswirkungen zu begreifen. Die Programmierer dieser schönen neuen Welt sehen die Entwicklung meistens sehr naiv oder einfach nur zynisch, jedenfalls sehr sorglos und gelassen… Es ist, wie es ist… und es ist nicht mehr aufzuhalten…

Datenspeicher, die nur über das Internet zugänglich sind, sind in ganz wenigen Jahren zu einem Milliardenmarkt angewachsen. Das Angebot existierte vor der Nachfrage, denn Google und Amazon benötigten ihre immensen Rechnerkapazitäten nur wenige Wochen im Jahr, in der restlichen Zeit waren sie unproduktives Kapital. Mit der 'Cloud' bzw. der 'Wolke' als heimeliger Metapher wurden und werden die ungenutzten – und dann natürlich auch zusätzlich aufgebaute – Kapazitäten brutal vermarktet. 'Wer nicht dabei ist, den gibt es schon bald nicht mehr', erklärte noch vor kurzem eine Verkäuferin eines Schweizer Distributors auf der Suche nach 'strategischen Partnerschaften' für die angeblich sehr profitable Vermietung von Cloud-Speicher. Ein guter Verkäufer verkauft eben alles… mit guten Argumenten – oder aber mit irgendwelchen Behauptungen.

Am meisten profitierte von der Cloud die Software-Industrie, die endlich eine Chance sah, das Problem der Raubkopien in den Griff zu bekommen… mit 'Software-as-a-Service', also Mietsoftware, die ohne Internet nicht – lange – funktioniert, mit Internet aber komplett kontrollierbar ist. Für die meisten Unternehmen und Anwender brachte die Umstellung nur Verschlechterungen. Denn die häufig langsamere Mietsoftware kontrolliert nicht nur, ob auch jeder Anwender über eine gültige Lizenz verfügt, und lässt sich andernfalls aus der Ferne sperren oder deinstallieren – sie entmündigt zugleich ihre Anwender. Konnte man früher Updates verweigern (etwa Office 2007 oder Windows 8), weil die massiven Änderungen unzumutbar waren, da sie eine weitgehende Umstellung der Arbeitsweisen erforderten, so sind die Updates heute integraler Bestandteil des Mietvertrags… und damit durch nichts aufzuhalten. Die Abhängigkeit wird noch gesteigert, wenn die Mietsoftware den Datenspeicher in der Cloud für die erstellten Daten bzw. Dateien gleich mitanbietet. Und wenn sie sich über das Internet mit anderer Mietsoftware verbindet… oder eben nicht verbinden lässt. Da müssen die Anwender dann immer wieder neu schauen, wie sie ihre Anforderungen an das anpassen, was die Software-Entwickler in Unkenntnis der Praxis gerade so für sie vorsehen.

Attraktiv wurde Mietsoftware überhaupt erst dadurch, dass – insbesondere nach der Finanzkrise 2007/2008 – immer bescheidenere Budgets auf den Segen wegfallender Anfangsinvestitionen trafen. Nespresso hatte es vorgemacht. Auch dass sich der Preis der Endprodukte mit dem neuen Verkaufsmodell vervielfachte und dass man bei der Wahl der Endprodukte nicht mehr frei war. Im nachhinein erwies sich der Segen für viele als Fluch… Das wird auch bei Mietsoftware nicht anders sein, nur dass man dann nicht so einfach wieder wechseln kann wie bei einer Kaffeemaschine…

So schädlich Monopole, wie sie etwa Google und Amazon gebildet haben, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft sind, so gefährlich ist es, wenn die Abhängigkeit des Menschen vom Internet total wird. Auch weil keine Risiken mehr kalkulierbar sind. Fällt das Internet aus oder wird es immer langsamer, weil der Ausbau der Kapazitäten nicht schnell genug vorankommt, sind die Auswirkungen auf die Produktivität unmittelbar. Totalausfälle wie in der jüngsten Vergangenheit bei WhatsApp oder Anbietern von Telefonnetzen, die mehrere Stunden oder ganze Tage andauerten, lassen erahnen, auf was sich da viele Menschen und Unternehmen ohne Plan B einlassen. Und die Blackouts nehmen zu.

Entwickelt Mietsoftware sich in eine unbrauchbare oder unzumutbare Richtung, ist ein Ausstieg aus dem zuvor zugelassenen Geflecht von Abhängigkeiten – wenn überhaupt – nur mit einem riesigen finanziellen und zeitlichen Aufwand bzw. Verlust möglich. Denn die absolute Kontrolle ist nur ein Riesenvorteil unter anderen der Hersteller von Software-as-a-Service. Geradezu paradiesisch – und damit allzu verlockend – ist die Aussicht, die eigenen Kunden langsam und zunächst unbemerkt in eine irreversible Abhängigkeit zu manövrieren und aus Umsätzen in einem äusserst volatilen geschäftlichen Umfeld dauerhaft garantierte, sichere Umsätze zu machen. Ausserdem macht die Androhung der Abschaltung der Mietsoftware und/oder des Internet-Zugangs bei Zahlungsverzug das gesamte Inkasso überflüssig… Das gab es so noch nie… bedeutet andererseits aber auch, dass selbst ein kurzfristiger Engpass bei der Liquidität künftig eine gnadenlose Abwärtsspirale in Gang setzen kann und dann das Ende des betroffenen Unternehmens besiegelt, weil nach der Abschaltung des virtuellen Schreibtisches gar nichts mehr geht.

Die Datensicherheit in der Cloud birgt zusätzliche unkalkulierbare Risiken. Was uns heute als 'absolut sicher' verkauft wird, kann sich morgen schon als ein riesiges Datenleck oder eine scheunentorgrosse Öffnung zu absolut schützenswerten Daten erweisen. Gestern war z.B. zu erfahren, dass die für Sicherheitsfunktionen genutzte Software für die Gesichtserkennung beim neuen iPhone X von Forschern bereits geknackt wurde. Stellen Sie sich einmal das gigantische Ausmass der Geldvernichtung vor, sollte sich eines Tages herausstellen, dass es doch eine Möglichkeit gibt, die Blockchain-Technologie zu knacken, mit der die boomenden Internetwährungen ihre Besitzer derzeit noch in absoluter Sicherheit wiegen. Sollte zu diesem Zeitpunkt das Bargeld bereits abgeschafft sein, bricht das Finanzsystem weltweit binnen kürzester Zeit komplett zusammen. Und die Blockchain-Technologie schützt heute schon nicht nur sogenannte Kryptowährungen, sondern tendentiell die unterschiedlichsten Daten, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Alle Aktivitäten im Internet werden aufgezeichnet, ausgewertet, zum Profil verdichtet und als Information verkauft, egal ob es sich um Vorlieben, Gewohnheiten oder etwa Krankheiten handelt, die im einzelnen noch gar nicht bewusst oder diagnostiziert sein mögen. Die Profile bestimmen auch die Informationen, die am Bildschirm eingeblendet werden, etwa als Ergebnis einer Suchmaschine oder als Werbung. Das ist auch – und vor allem – der Preis der scheinbar kostenlosen Angebote… z.B. der Telefonbücher im Internet. Ich sehe also nur noch, was Algorithmen als das analysiert und identifiziert haben, was mich interessiert. Deshalb ist das Internet längst nicht mehr der immer gleiche Zugang zur Gesamtheit der Informationen, sondern ein höchst individueller Spiegel meiner eigenen Welt… Der Fachbegriff dafür lautet 'Echokammer'. Unternehmen zahlen viel Geld an Google, damit die Kaufchancen durch Ausblendung alternativer Angebote erhöht werden.

Paradoxien bestimmen schon lange unsere Gegenwart… und es kommen ständig neue hinzu. So ist es paradox, dass Menschen mehrheitlich für ein Maximum an Mobilität totale Abhängigkeiten bis zur eigenen Entmündigung eingehen, zum Grossteil von Menschen (und Unternehmen), die sie überhaupt nicht kennen. Für maximale Mobilität ist man bereit, minimale Sicherheit zu akzeptieren und allergrösste Risiken in Kauf zu nehmen. Besonders paradox ist dabei, dass für die meisten Menschen, von denen hier die Rede ist, diese Mobilität ein weitgehend ungenutztes, überhaupt nicht benötigtes Potential bleibt, während die Abhängigkeiten, die mangelnde Sicherheit, die unkalkulierbaren Risiken und die völlige Manipulierbarkeit und Manipulation ganz real für sie sind. Sie zahlen also einen extrem hohen Preis für etwas, das sie gar nicht brauchen… nur weil andere ihnen einreden: 'Wenn Du nicht mitmachst, gibt es Dich schon bald nicht mehr'

Paradox ist auch, dass viele Menschen ihre Existenz grundlos auf ein Geflecht aus Ungewissheiten, Unwägbarkeiten und Unbekannten gründen und damit dauerhaft akut gefährden. Ungewiss ist vor allem, was passiert, genauer gesagt: wie die Entscheidungsträger in den Unternehmen (und die Privatpersonen) reagieren, wenn die Blackouts aus irgendwelchen Gründen – und sei es nur eine Zeitlang – stark zunehmen und die Kosten in dem Masse in die Höhe treiben, wie die Produktion zwangsläufig einbricht. Dann kann, ja dann muss u.U. alles ganz schnell gehen, um die nötige Planungssicherheit zurückzugewinnen. Ob es gelingen wird, die Häufung von Blackouts und die Durchbrechung von Schutzwällen sowie die Entschlüsselung von Sicherheitstechnologien im Internet dauerhaft und flächendeckend zu verhindern, werden die nächsten drei bis fünf Jahre zeigen. Davon wird auch entscheidend abhängen, ob Clouds und Mietsoftware sich weiter verkaufen lassen. Denn das Internet ist ein schnelles Kommunikationsmedium für alle Beteiligten. Wenn sich erst einmal ein Shitstorm gegen eine Mietsoftware gebildet hat, weil sie ein paar Tage nicht verwendet werden kann oder weil ein Update eine echte Verschlechterung darstellt, dann kann das schon den Anfang vom Ende dieser Software bedeuten.

Und wegen all dieser Ungewissheiten darf die Schweiz auch weiterhin eine Scheibe bleiben, vielleicht sogar noch für lange Zeit. Welchen Nutzen TwixTel nach wie vor bei der Erfassung und Aktualisierung von Adressen sowie bei der Anruferkennung, als Anrufer-Journal und bei der Telefonwahl hat… und im Zuge der Umstellung auf Internet-Telephonie noch entfalten wird, zeigt das Zusammenspiel mit unseren Business-Lösungen auf der Basis der Schweizer Adressverwaltungssoftware WinCard Pro, dem wir nach fast 25 Jahren eine eigene Dokumentation gewidmet haben. Dort räumen wir auch mit einigen Fehlurteilen und Scheinargumenten auf, die hin und wieder gegen TwixTel vorgebracht werden. Unsere Lösungen waren schon immer – auch – mobil einsetzbar, z.B. auf Notebooks. Sie kommen ohne Mietsoftware und permanenten Internet-Zugang aus, wenngleich eine Kombination möglich ist.

Als Kulturwissenschaftler und Soziologe empfehle ich, alle anstehenden Investitionen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien einer kritischen Prüfung zu unterziehen und sich von unabhängiger Seite beraten zu lassen, damit Sie handlungsfähig bleiben, Abhängigkeiten vermeiden und sich (und Ihre Investitionen) vor bösen Überraschungen schützen. Sie wissen am besten selbst, wieviel Mobilität Sie tatsächlich benötigen. Alles darüber hinaus hat momentan fast nur Nachteile. Und wenn Sie wissen möchten, wie meine Antwort auf die Frage im Titel dieses Beitrags ausfällt, lege ich Ihnen die Lektüre der folgenden Dokumentation nahe:

WinCard Pro & TwixTel… ein starkes Team